Bußgeld für die Freiwillige Feuerwehr?

Feuerwehr Bußgeld

Das wichtigste im Überblick

  • Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr oder einer anderen BOS dürfen auf der Anfahrt zum Gerätehaus gegen die StVO verstoßen.
  • Die Ordnungswidrigkeit muss allerdings verhältnismäßig zum Einsatzanlass sein.

Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr erhält Bußgeldbescheid

Ein realer Fall. Unser Mandant, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, war auf dem Anfahrt zum Gerätehaus, um einen Einsatz aufgrund auslaufender Betriebsflüssigkeiten wahrzunehmen.

Dabei fuhr er ein kurzes Teilstück entgegen der zulässigen Fahrtrichtung – und wurde prompt von einer Mitarbeiterin des Ordnungsamtes, die dies beobachtete, angezeigt. 

Wir haben dabei die Verteidigung übernommen. Den ganzen Fall erklären wir in diesem Video:

Haben Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Sonderrechte auf dem Weg zum Gerätehaus?

Grundsätzlich ist auch die Freiwillige Feuerwehr einsatzabhängig von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit. Dies regelt § 35 Abs. 1 StVO.

Die gesetzlich nicht geregelte Frage, ob auch Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr auf der Anfahrt zum Gerätehaus Sonderrechte wahrnehmen können, ergibt sich jedoch implizit aus Zusatzvorschriften zur StVO. Auch die Rechtsprechung geht davon aus, dass Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr bei der einsatzbedingten Anfahrt zum Gerätehaus zumindest in Grenzen von den Regelungen der StVO befreit sind. 

So entschied das OLG Stuttgart beispielsweise: 

Dem Betroff., der als Angehöriger einer Freiwilligen Feuerwehr nach Auslösung eines Alarms mit seinem privaten Pkw zum Feuerwehrhaus fährt, stehen grundsätzlich die Sonderrechte des § 35 I StVO zu. Diese dürfen aber mangels ausreichender Anzeigemöglichkeiten ihres Gebrauchs nur im Ausnahmefall nach einer auf den Einzelfall bezogenen Abwägungen nach Notstandsgesichtspunkten (vgl. Hartung, NJW 1956, 1625) unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden, wenn dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist (§ 35 Abs. 1,8 StVO).

Zur Begründung dieser Rechtsansicht wird auf den in einem ähnlich gelagerten Fall ergangenen Beschluss des Senats vom heutigen Tag – 4 Ss 71/02 (NZV 2002, 410, abgedr. unter Nr. 16 in diesem Heft) Bezug genommen.

Mit einem privaten Pkw, der keine Signaleinrichtungen wie ein Feuerwehrfahrzeug aufweist, sind daher, soweit es um die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (§ 3 StVO) geht, allenfalls mäßige Geschwindigkeitsüberschreitungen ohne Gefährdung oder gar Schädigung anderer Verkehrsteilnehmer statthaft.

Ob dies angesichts der Zeit, zu der der Betroff. nach K fuhr, und der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung noch der Fall ist, was fraglich erscheint, kann ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob sein Verhalten zumindest subjektiv unter § 16 OWiG einzuordnen ist. Der Betroff. hat sich jedenfalls in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum nach § 11 II OWiG befunden.

(OLG Stuttgart, Beschl vom 26. 4. 2002 – 4 Ss 72/02 = NZV 2002, 410, beck-online)

 

So sollten Sie sich als Betroffener verhalten

Wenn Ihrem Fall dennoch ein Anhörungsbogen oder Bußgeldbescheid zugeht, sollten Sie die nachfolgenden Tipps befolgen:

  1. Bußgeldbescheid oder Anhöhrung?

Wenn Sie einen Bußgeldbescheid erhalten haben, bewahren Sie bitte den gelben Umschlag auf und kontaktieren Sie schnellstmöglich einen Rechtsanwalt. Sollten Sie bereits fristwahrend Einspruch einlegen wollen, muss die schriftlich erfolgen. Eine E-Mail reicht nicht aus! 

Bei einem Anhörungsbogen sollte zügig die Kontaktaufnahme mit einem Anwalt erfolgen. Hier laufen keine unmittelbaren Fristen, allerdings kann das Verfahren so ggfs. zeitig eingestellt werden. 

2. Einsatzmeldung speichern
Fotografieren Sie unbedingt die Einsatzmeldung mit dem dortigen Meldeanlass ab, damit diese als zentrales Beweismittel vorgelegt werden kann. 

3. Anwalt einschalten
Akteneinsicht sollte zügig über einen Rechtsanwalt erfolgen. Ebenso sollte die Einlassung wohl abgewogen werden. Denn die Befreiung von der StVO muss verhältnismäßig wahrgenommen werden. Deshalb ist eine wohl abgewogene und detailliert dargelegte Verteidigungsschrift erforderlich. 

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