Bei Hundeangriff dazwischen gegangen – Bekomme ich trotzdem Schmerzensgeld?

Hunderauferei

Wenn Sie mit Ihrem Hund unterwegs sind und Gassi gehen, treffen Sie und Ihr Hund mit Sicherheit auf andere Hunde. Die Tiere beschnuppern sich gegenseitig und es kommt auch gerne mal zu Rangeleien zwischen den Hunden. Dass die Hunde sich dabei gegenseitig verletzen, ist eher die Ausnahme. Allerdings wird es kritisch, wenn die Besitzer sich in die Rangelei zwischen den Hunden einmischen: Der Hundebesitzer wird von dem fremden Hund gebissen, obwohl Sie nur helfen wollten. Wer haftet in dieser Situation? 

[lwptoc]

Wer haftet bei Hundebiss?

Grundsätzlich muss nach § 833 BGB der Hundehalter für seinen Hund und dessen Verhalten haften. Dies gilt allerdings nur, wenn die Verletzung durch typische Tiergefahr, der sogenannten „tierischen Natur entsprechendes unberechenbares und selbständiges Verhalten“ entstanden ist. Sprich: Der Hundehalter haftet für den Hund, wenn er Sie gebissen hat und Sie keine Mitschuld tragen.

Tragen Sie allerdings eine Teilschuld an dem Hundebiss, dann müssen Sie – je nach Höhe der Mitschuld – auch einen Teil der Haftung tragen. Für die Feststellung einer Mithaftung ist unrelevant, was der Auslöser für die Rauferei war und welcher Hund die über- oder untergeordnete Rolle eingenommen hat. Jedoch sind diese Aspekte wichtig, um die the  konkret beziffern zu können.

Mitschuld durch Eingriff

In Fällen, in denen es zu Hundebissen kommt, bei denen das Opfer eine Mitschuld trägt, hat das Opfer Teilhabe an der Schuld, warum der Hund gebissen hat. Doch was sind mögliche Gründe bei einem Hundebiss für Mitschuld?

Eine Mitschuld kann vorliegen, wenn Sie:

  • den Hund provoziert haben.
  • einen unbekannten Hund gestreichelt haben.
  • eine fortschreitende Beißerei verhindern wollten.
  • ein fremdes Grundstück trotz Warnung betreten haben.
  • Drohgebärden vom Hund missachteten.

 

Tragen Sie eine Mitschuld, wenn Sie sich in die Rangelei der Hunde eingemischt haben?

Grundsätzlich müssen Sie davon ausgehen, dass Ihnen eine Teilschuld angerechnet wird, wenn Sie bei einer Hunde-Rauferei eingreifen, denn Sie müssen von der Tiergefahr des unbekannten Hundes ausgehen. Auch wenn Sie Ihren Hund nur beschützen wollten, haben Sie in die Situation eingegriffen, obwohl Sie davon hätten ausgehen müssen, gebissen zu werden. Denn wenn Sie sich selbst in Gefahr bringen, müssen Sie auch rechtlich die Verantwortung der eigenen Verletzungen tragen.

Das Oberlandesgerichtes Hamm vom 17. Oktober 2011, Aktenzeichen I-6U72/11, fällte in einem Fall, bei dem eine Hundebesitzerin in eine Hundebeißerei eingriff um Ihren Hund zu schützen das Urteil, dass sie 50 % Teilschuld an den Verletzungen zu tragen hat.

Ein weiteres Gerichtsurteil des OLG Karlsruhe (Urteil vom 18.09.2019, Az.: 7 U 24/19) entschied in einem ähnlichen Fall ebenfalls, dass das gebissene Opfer, welches in die Hunde-Rauferei eingegriffen hat, zur Hälfte für die Folgen des Hundebisses haftet.

Anspruch auf Schmerzensgeld trotz Mitschuld?

Wie hoch Ihr Anspruch auf Schmerzensgeld ist, muss im Einzelfall genau ermittelt werden. Ausschlaggebend für die Höhe sind Art, Intensität, Dauer und die Folgen der Verletzung . Dies richtet sich als erste Orientierung nach der Rechtsprechung in ähnlichen Fällen. Dabei kann das Schmerzensgeld nur wenige hundert Euro aber auch viele tausende Euro betragen – abhängig von den Verletzungen.

Wird allerdings festgestellt, dass Sie an der Verletzung eine Teilschuld tragen, hat das Auswirkungen auf die Höhe des Schmerzensgeldes. Ihr Anspruch auf Schmerzensgeld wird je nach Höhe der Teilschuld prozentual gekürzt. Um zu ermitteln, wie viel Schmerzensgeld Ihnen nach einem Hundebiss zusteht, muss daher als Ausgangspunkt festgestellt werden, wie viel Sie laut der Schmerzensgeldtabelle bekommen könnten und wie viel Mitverschulden Sie tragen.  

Beispiel:

Sie wurden von einem Hund in die Wade gebissen und haben als Folge des Hundebisses einen leichten Bluterguss. Nach der Schmerzensgeldtabelle hätten Sie Anspruch auf ca. 300,00 € Schmerzensgeld. Tragen Sie bei dem Vorfall allerdings eine Mitschuld von 50 Prozent, dann wird Ihr Schmerzensgeld um die Hälfte, also auf 150,00 € gekürzt. Die Kürzung bezieht sich auch auf die Kostenpauschale, die Sie nach einem Hundebiss für den Aufwand der Abwicklung bekommen. Die Kostenpauschale liegt bei 25,00 € und wird ebenfalls um 50 Prozent auf 12,50 € gekürzt.

Schmerzensgeld

300,00 €

Kostenpauschale

25,00 €

Mitschuld

– 50 %

Tatsächliches Schmerzensgeld

= 162,50 €

Damit die Teilschuld von Anfang an möglichst gering ist und Sie den höchstmöglichen Betrag an Schmerzensgeld erhalten, empfiehlt es sich ausdrücklich, einen Anwalt mit der Abwicklung des Falles zu beauftragen. Dieser wird für Sie nach einem Hundebiss sämtliche Ansprüche erlittener Schadenspositionen geltend machen und für Sie kämpfen, damit Sie ein angemessenes Schmerzensgeld erhalten.

 

Keine Mitschuld ohne Tiergefahr

Die Regel „Einmischen = Mitschuld“ würde jedoch dann zu ungerechten Ergebnissen führen, wenn Ihr Hund es an der „Verwirklichung der Tiergefahr“ fehlt. Das ist dann der Fall, wenn 

  1. keinerlei eigene Energie des Tieres an dem Geschehen beteiligt ist  oder
  2. das Tier lediglich der Leitung und dem Willen eines Menschen folgt

(vgl. BGH, Urteil vom 31.5.2016, Az. VI ZR 465/15; Senatsurteil vom 20. Dezember 2005 – VI ZR 225/04). Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn Ihr Hund an der Leine geführt worden ist und auf Ihr Wort hört und der andere Hund Ihren Hund angreift. Die Anwesenheit ihres Hundes begründet noch keine eigene Tiergefahr, die man sich anrechnen lassen müsste! 

Die Fragen, ob sich die Tiergefahr realisiert hat, kann aufgrund der Dynamik derartiger Geschehnisse häufig nicht restlos geklärt werden. 

Deshalb wird bei der Beurteilung „Mitschuld durch Tiergefahr des eigenen Hundes“ ein „rechtlicher Trick“ angewendet: 

Die Haftung des Tierhalters bzw. Tieraufsehers ist gem. § 833 und § 834 BGB verschuldensabhängig. Kann jedoch dem Tieraufseher – also der Person, die das Tier Gassi geführt hat – ein Verschulden vorgeworfen werden, z.B. weil er die eigene Sorgfaltspflichten durch lückenhafte Umzäunung des eigenen Grundstücks oder Verstoß gegen die Leinenpflicht nicht eingehalten hat, kommt der Tiergefahr des eigenen Hundes keine Bedeutung mehr zu(vgl. BGH, Urteil vom 31.5.2016, Az. VI ZR 465/15 Rn. 14).

Sie sehen, dass es bei Raufereien zwischen Hunden und Hundebissen fundierte rechtliche Kenntnisse bedarf, um nicht die eigenen Ansprüche gekürzt zu bekommen. Deshalb empfehlen wir Ihnen, von Beginn an Ihre Ansprüche über uns durchzusetzen. 

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